Letzter Schrei
Krankenhaus in Toulon, es ist ein ruhiger Nachmittag. Die Sonne lugt zwischen den Strahlen der offenen Jalousie unseres Zimmers hervor. Ich bekomme Besuch von Henri, dem Seelsorger, der mich eingeladen hatte, die Aufführung der Legende von Mi in Hyères zu spielen. Ich bekomme auch Besuch von Matthieu, ihrem Hauptpastor. Ich spüre in ihm eine große Sanftheit, die durch die Erosion einer großen Prüfung hervorgerufen wurde.
Plötzlich stürmt eine slawische Ärztin in das Krankenzimmer, gefolgt von einer ganzen Reihe Pflegekräften. Sie stellt sich direkt vor Jean-Christophe hin, um ihn zu untersuchen. Während sie „Guten Tag“ sagt, zieht sie ihre blauen Handschuhe an und macht sich ohne weiteres an seine Wunde.
Der dadurch entstehende Schmerzensschrei, lässt uns alle an Ort und Stelle erstarren. Nach dieser medizinischen Folterszene wird der Patient in eine andere Abteilung verlegt. Im Handumdrehen wird sein Bett aus dem Zimmer gerollt. Ich höre ihn noch in der Ferne durch die Krankenhaus Korridore schreien. Das ist die letzte Erinnerung, die ich an ihn habe.
Letzte Erinnerung?
Am Abend in meinem Bett bevor ich einschlafe, denke ich an alle meine früheren Besucher und besonders an Jean-Christophe. Ich bete, dass er keine Schmerzen mehr hat.
Als ich ihm von der Legende von Mi erzählt hatte, war er sofort ins Internet gegangen, um sich Auszüge daraus anzusehen.
– Wenn du wiederkommst, um dein Stück aufzuführen, werde ich dich besuchen, mein Freund, hatte er mir gesagt. Ich erinnere mich auch an unsere Diskussionen über Gott. Er hatte schließlich zu mir gesagt:
– Weißt du, dass du mich fast dazu bringst, meine Meinung zu ändern…?
Diese Begegnung, die vorherigen und die kommende, sind wirklich kein Zufall.
Was wäre, wenn das bei jedem Menschen, den wir treffen, der Fall wäre?
Kurz darauf wird mir Georges, ein neuer Nachbar, gebracht.
Gebet :
Herr, behüte mich davor, an den Zufall zu glauben, einem belanglosen Leben oder gar dem Unglauben zu verfallen. Hilf mir, jeden Menschen in meinem Umfeld mit deinen Augen zu sehen und lass mich für ihn das tun oder eher der sein, der du gerne für ihn gewesen wärest.
Fortsetzung folgt …
Alain
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